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Hamburg: Zwölfjähriger will Mitschülerin schützen und geht plötzlich selbst durch die Hölle

Als ein Zwölfjähriger seine Mitschülerin schützen wollte, wurde er plötzlich selbst zum Opfer. Es kann jeden treffen…

© IMAGO / YAY Images

Die fünf krassesten Hamburger Kriminalfälle

Es ist grausam und es kann jeden treffen: Cyber-Mobbing. Terror im Netz ist grenzenlos und wird immer mehr, je mehr die digitalen Möglichkeiten voranschreiten. Zwei Menschen aus Hamburg werden seit 2019 von einem unbekannten Hater im Netz terrorisiert. Ihr Leben hat sich seitdem enorm verändert.

Im Gespräch mit MOIN.DE sprachen die Hamburger über ihr Erlebtes und ihre Gefühle und gehen damit erstmals an die Öffentlichkeit (>>hier mehr dazu). Cyber-Mobbing-Experte Lukas Pohland war selbst Betroffener. Und das mit gerade einmal zwölf Jahren. Heute hilft er anderen Betroffener beim Umgang mit dem Thema. Gegenüber MOIN.DE packt er über seine eigene Vergangenheit aus.

Nicht nur Hamburger erleben Cyber-Mobbing

„Ich war zwölf Jahre alt“, erklärt Lukas Pohland im Gespräch mit unserer Redaktion. Und angefangen hat es nicht einmal mit ihm selbst. Erst wurde eine Mitschülerin zum Opfer. Wie schnell die Situation umschlagen und eine Person selbst zum Opfer machen kann, erfuhr er am eigenen Leib.

Pohlands Mitschülerin sei von Mitschülerinnen und Mitschülern gemobbt worden, als sie in einen Streit mit einer Freundin geraten war. „Es ging so weit, dass die Täter Screenshots von Messern in Chatgruppen schickten und schrieben ‚Mit welchem sollen wir sie abstechen?'“, erklärt Pohland gegenüber MOIN.DE.

Vom Unterstützer wurde er ebenfalls zum Opfer. Er erzählt: „Ich habe mitbekommen, dass sie große Angst hatte. Als ich mich für sie einsetzen wollte, stand ich plötzlich selbst im Fokus der Mobber.“ Angefangen mit Beleidigungen, wurde bald darauf sogar seine Adresse im Netz veröffentlicht. „Meine Fotos in den sozialen Netzwerken sind dauerhaft mit fiesen Sprüchen kommentiert worden.“


Das ist Cyber-Mobbing:

  • Cyber-Mobbing beschreibt das absichtliche Bedrohen, Belästigen oder Beleidigen einer Person über das Internet.
  • Cyber-Mobbing fällt unter Cyber-Kriminalität und stellt eine Form der psychischen Gewalt dar.

Menschen in Hamburg und dem Rest von Deutschland suchen nach Hilfe

Eine grausame und hilflose Situation, die auch die betroffenen Hamburger so beschrieben, mit denen unsere Redaktion bereits sprach (hier mehr). Auch für Lukas Pohland sei es grausam gewesen: „Das war eine schlimme Situation für mich. Das Gefühl, dem Cyber-Mobbing nicht entkommen zu können war mindestens genauso schlimm wie die Hilflosigkeit.“

Der Experte sagt, dass es Betroffene oft Überwindung kostet, über Cyber-Mobbing zu sprechen. „Unsere Erfahrung zeigt: darüber sprechen hilft“, erklärt der Experte im Interview mit der Redaktion (hier mehr). Aber wer hilft in so einer Situation?

In der Schule hätten Lukas Pohland und seine Mitschülerin nur wenig Unterstützung bekommen. „Polizei und Schule haben sich die Verantwortung gegenseitig zugeschoben – wahrscheinlich, so denke ich heute, auch aus Unwissenheit“, meint der Cyber-Mobbing-Experte. „Geholfen hat in dem Fall nur, dass wir die Schule gewechselt haben.“

Heute kann Pohland glücklicherweise in Vergangenheitsform über seinen erlebten Terror sprechen. „Ich konnte meinen eigenen Weg im Umgang mit dem Cyber-Mobbing finden“, so Pohland. Daraus wurde für ihn eine Aufgabe: „Heute helfe ich anderen Betroffenen, versuche mit meiner eigenen Geschichte über Cyber-Mobbing und die Gefahren im Internet aufzuklären. Das hat mir sicherlich auch bei der Verarbeitung meiner eigenen Erlebnisse geholfen.“


Hier gibt es mehr zum Thema:


Mit dem Verein Cybermobbing-Hilfe e.V. unterstützt Lukas Pohland Betroffene und betreibt konsequente Präventionsarbeit. In den letzten Jahren war er unter anderem als Experte in der „NDR Talk Show“ und beim BR zu Gast und zeigte in sämtlichen Formaten bereits klare Kante und Einsatz beim Thema Cyber-Mobbing.

In einem weiteren Gespräch erklärt Lukas Pohland mehr zu der Definition, den Strafen und weiteres zum Thema Cyber-Mobbing. >> Hier erfährst du mehr.

>>Anmerkung der Redaktion

Wer unter Stimmungsschwankungen, Depressionen oder Selbstmordgedanken leidet oder jemanden kennt, der daran leidet, kann sich bei der Telefonseelsorge helfen lassen. Sie ist erreichbar unter der Telefonnummer 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.