Urlaub auf Sylt ohne ein echtes Nordseekrabben-Brötchen probiert zu haben, das ist nahezu undenkbar.
Auf dem Wochenmarkt in Westerland steht Gustav Friedrichsen regelmäßig immer dienstags, mittwochs und am Sonnabend an seinem Stand, der dort eine Institution ist. Friedrichsen ist nämlich professioneller Krabbenpuler und feiert in diesem Monat sein 50-jähriges Dienstjubiläum. Im Gespräch mit MOIN.DE erzählt der 54-Jährige, wie es dazu kam.
Sylt: Mit vier Jahren ging es los
„Eigentlich komme ich aus Husum“, sagt er. „Dort verkaufe ich auch Krabben. Ich pendele zwischen Sylt und dem Festland oder Föhr. Je nachdem, wo gerade die Wochenmärkte aufgestellt werden. Das Krabbenpulen ist bei uns im Norden ja ein Traditionshandwerk, wenn man so will. Ich bin der Spezialist fürs Handgepulte. An meiner Ware sind keine Konservierungsstoffe dran.“
Aus Husum kommt seine ganze Familie. Schon als Kinder mussten die Kleinen ran. „Ich war vier Jahre alt, als mein Vater mir das Krabbenpulen beibrachte“, erzählt der Profi weiter. „Er war eigentlich Muschelfischer, und meine Onkel waren Krabbenfischer. Meine Eltern mussten viel arbeiten, um mich und meine vier Geschwister durchzubringen. Die können natürlich auch alle pulen, arbeiten aber heute nicht mit Fischen oder so.“
+++ Sylt: Sansibar-Star frönt irrem Hobby – „Zu einem Fetisch entwickelt“ +++
Sylt: 560 Gramm pro Stunde
Nachts wurden die Krabben angeliefert und mittags für den Verkauf wieder abgeholt. 60 bis 100 Kilo hat die Familie pro Tag gepult. Am Ende der Woche gab’s dann den Umschlag mit Bargeld. Über die Jahre hat Gustav Friedrichsen seine Technik so verfeinert, dass er heute zu Höchstleistungen aufläuft.
„Im Stehen dauert es etwas länger, aber im Sitzen schaffe ich in einer halben Stunde 560 Gramm. Manchmal auch etwas mehr.“ Da kennt er kein Tempolimit. „Ohne Handschuhe würde es sogar noch schneller gehen, aber wegen der Hygiene trage ich die lieber. Sonst stinkt es ja auch ein bisschen unter den Nägeln. Muss ja nicht sein.“
Mehr News:
- Sylt: Idylle vor dem Aus? – Politiker warnen vor „Existenzvernichtung“
- Sylt: Betreiber muss sich schweren Vorwürfen stellen – es hat einen traurigen Grund
- Norderney: Wichtige Verbindung bis Sommer gesperrt – mit nur einer Ausnahme
Früher waren die Nordseekrabben ein „Arme-Leute-Essen“. Heute gelten sie als Delikatesse, die sich bei einem Preis von circa acht Euro pro 100 Gramm nicht jeder leisten mag. „Auf Sylt haben die Krabben das ganze Jahr über Saison“, erzählt er weiter und verrät, dass nicht alle ihre Krabben pulen lassen, sondern auch mal pfundweise im Ganzen kaufen. „Da gibt es aber einen deutlichen Unterschied zwischen den echten Syltern und den Touristen. Der Sylter kann nämlich pulen, der Touri versucht es.“
Gibt es denn einen Trick beim Krabbenpulen, den man beherzigen sollte? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. „Ja, man zieht das Hemd und die Hose aus, und dann muss man die Krabbe vernaschen. Man kann das natürlich auch umgekehrt herum machen. Sollte man aber nicht.“
+++ Sylt: Schild am Strand verdirbt Urlaubern den Spaß – „So vergrault man Gäste“ +++