Als er mitten in der Nacht Geräusche hörte, wachte der Pastor aus Hamburg auf. „Ich hörte ganz deutlich das Klack-Geräusch der Tür“, erinnert er sich. Als er in den Flur trat, stand er plötzlich einem Einbrecher gegenüber. „Das war ein gehöriger Schreck“, sagt er heute.
Vier Monate nach der Tat sitzt der mutmaßliche Einbrecher Sven B. im Gerichtssaal des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg. Mit Fußschellen an den Beinen und von zwei Justizbeamten begleitet, betritt der 45-Jährige den Raum.
Hamburg: Zwei Einbrüche in Kirche
Gleich mehrere Taten werden ihm vorgeworfen: Darunter Wohnungseinbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung. Im Dezember soll er in die Kirche „Zur Heiligen Dreieinigkeit“ eingestiegen sein – zwei Mal innerhalb kürzester Zeit.
Zuerst soll er eine Scheibe im Gemeindesaal eingeschlagen und dort eingedrungen sein. Von dort aus gelangte er in einen Nebenraum. „Dort stehen die Instrumente des Posaunenchors und die Fahrräder meiner Familie“, erklärt der Pastor.
Auf der Suche nach „stehlenswerten Gegenständen“, wie es in der Anklage heißt, soll er ein Fahrrad und fünf Blasinstrumente an sich genommen und diese nach draußen geschafft haben. Anschließend soll er sich zum Eingangsportal der Kirche begeben und dort erneut ein Fenster eingeworfen haben.
Kirche an belebter Ecke in Hamburg
Eine Tatsache, die den Pastor verblüfft. „Das hat mich sehr verwundert“, sagt er der Richterin. Immerhin sei das Eingangstor an einer belebten und beleuchteten Straße, direkt an einer U-Bahn-Station gelegen. Ein hohes Risiko, das der Einbrecher auf sich genommen hat.
Nachdem Sven B. auch durch dieses Fenster geklettert sein soll, suchte er den Vorraum der Kirche ab und öffnete eine vermeintliche Schranktür. Womit er nicht gerechnet hatte: Dahinter befindet sich die Wohnung des Pastors. „Ihm war nicht bewusst, dass Pastorat und Wohnräume dort lagen“, erklärt seine Verteidigerin.
Einbrecher aus Hamburg ergreift die Flucht
Dein Eindruck hat auch der Geschädigte: „Er wirkte erschrocken“, erinnert er sich. „Er hat wohl nicht damit gerechnet, eine Wohnung zu betreten.“ Normalerweise sei die Verbindungstür geschlossen. Dass sie ausgerechnet in dieser Nacht jemand hat offen stehen lassen, ein unglücklicher Zufall.
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Nach der Begegnung ergriff der Einbrecher die Flucht – wiederum durch das Fenster. „Ich hörte ein lautes Scheppern“, erzählt der Geistliche. Für ihn und seine Frau sei der Schock jedoch „gut zu verarbeiten“ gewesen.
Sowohl das Fahrrad als auch vier von fünf Instrumenten sind unbeschadet aufgefunden und an die Kirche zurückgegeben worden. Einbrüche in das Gotteshaus hätte es schon öfter gegeben. „Aber das macht die Sache natürlich nicht besser“, fügt er hinzu.
Angeklagter aus Hamburg entschuldigt sich
Der Angeklagte, der bis dahin kaum ein Wort verloren hat, richtet sich plötzlich an den Pastor. „Ich möchte mich ganz herzlich entschuldigen“, sagt er. „Ich hätte Ihnen niemals etwas getan.“ Für den Geistlichen hat sich die Sache damit erledigt – für Sven B. noch lange nicht.
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In einer Erklärung, die seine Verteidigerin verliest, gesteht er zwar die Tat, betont aber, nur einmal in die Kirche eingebrochen zu sein. Zudem hätte er nur das Fahrrad mitgenommen, nicht aber die Instrumente. „Dafür hat mein Mandant keine Erklärung.“
Von diesem ist ein Seufzer zu vernehmen, seine Hand, auf die er den Kopf gestützt hat, zittert. Die Verteidigerin benennt die Ursache der Tat ganz klar mit seiner „langjährigen Drogenerkrankung“.
Schon seit seiner Jugend konsumiere er Betäubungsmittel. „Erst Hasch und sowas“, antwortet er auf Nachfrage der Richterin. „Jetzt Kokain und gelegentlich Heroin.“
Nicht das erste Mal vor Gericht in Hamburg
Doch nicht nur seine langjährige Abhängigkeit ist beachtlich, sondern auch sein Vorstrafenregister. Dort finden sich 31 Einträge. 31 Vergehen, die der Angeklagte im Laufe seines Lebens angehäuft hat. Als die Richterin einige davon vorliest, wird klar, dass es sich oft um ähnliche Taten handelt.
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Einbrüche und Diebstähle. Taten, bei denen er darauf hoffte, „Sachen zu Geld zu machen“, wie seine Verteidigerin erläutert. Manche der Vergehen sind mit Geld-, die meisten jedoch mit Freiheitsstrafen geahndet worden.
Erst zwei Wochen vor dem Einbruch in die Kirche ist er aus einer über zweijährigen Haft entlassen worden. Eine „massive Rückfallgeschwindigkeit“, stellt die Richterin fest. Der Angeklagte schreibt das der Tatsache zu, dass in der Vollzugsanstalt kein Therapieangebot bestanden hätte.
Hamburg: „Ohne Therapie wird es nicht funktionieren“
„Das hielt man nicht für nötig“, bedauert Sven B. Er solle sich nach der Haft in Therapie begeben. Doch zu dem Zeitpunkt hätte er weder Geld noch eine Krankenversicherung gehabt und aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht zum Arbeitsamt gekonnt. So habe eines zum anderen geführt.
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„Ohne Therapie wird es nicht funktionieren“, stellt seine Verteidigerin klar. Zudem wolle er das Ganze in Süddeutschland absolvieren, um sein Umfeld zu wechseln. „Dann hat er gute Chancen, seine Drogenerkrankung hinter sich zu lassen“, prognostiziert sie.
Gericht in Hamburg verurteilt Einbrecher zu Freiheitsstrafe
Schlussendlich verurteilt die Richterin den 45-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Da er in der Vergangenheit schnell rückfällig geworden sei, komme eine Bewährung für sie nicht in Frage.
Bleibt zu hoffen, dass ihn seine 32. Straftat eine Lektion gelehrt hat und er mit Hilfe einer Therapie auch wirklich von den Drogen loskommt.