Hamburg.
Bereits seit Wochen haben wegen des Coronavirus die Bars und Restaurants geschlossen. Deshalb haben viele Menschen in Hamburg das Trinken nach Hause verlagert.
Die Verkaufszahlen von alkoholischen Getränken sind seit Corona stark gestiegen. Laut des Nürnberger Marktforschungsinstituts GFK gingen von Ende Februar bis Ende März 34 Prozent mehr Wein und 31,2 Prozent mehr Spirituosen über die Ladentheken als im Vorjahr. Auch Hamburg ist da keine Ausnahme.
Hamburger hatten schon vor Corona riskantes Trinkverhalten
Ganz im Gegenteil: Schon vor Corona lag der Alkoholkonsum in der Stadt auf einem riskanten Niveau.
„Ein schädigender Konsum von Alkohol ist bei jeder vierten Hamburgerin und jedem fünften Hamburger verbreitet“, sagt Christiane Lieb von der Beratungsstelle Sucht Hamburg im Interview mit MOIN.de.
Hamburg trinkt mehr als der Durchschnitt
Damit liegt die Hansestadt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt, nach dem laut Robert-Koch-Institut 13,8 Prozent der Frauen und 18,2 Prozent der Männer zu einem mindestens wöchentlichen riskanten Alkoholkonsum tendieren.
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Ab wann gilt Alkoholkonsum als riskant?
Als Richtwert für riskanten Alkoholkonsum gilt laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung das sogenannte Standardglas.
Als gesundheitlich weitgehend unbedenklich für Frauen gilt das Trinken einer der folgenden Mengen pro Tag:
- 0,3 Liter Bier
- 0,125 Liter Wein
- 0,1 Liter Sekt
- 4 cl Schnaps
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„Männer dürfen höchstens die doppelte Menge zu sich nehmen. Für alle gelten zusätzlich zwei alkoholfreie Tage in der Woche“, sagt Christiane Lieb.
Frauen besonders betroffen
Besonders alarmierend: „Im Vergleich zum Bundesgebiet auffällig erhöht ist vor allem der Alkoholkonsum der Hamburgerinnen“, berichtet die Expertin MOIN.de.
Frauen in der Hansestadt weisen nicht nur allgemein ein riskanteres Trinkverhalten auf, sondern seien zudem besonders anfällig für exzessives Bringe-Drinking (vier, bzw. für Männer fünf Gläser bei einer Trinkgelegenheit).
„Dieses Phänomen ist in Hamburg bei jeder dritten Frau festzustellen, im Bundesgebiet etwa bei jeder fünften“, berichtet Christiane Lieb im Gespräch mit MOIN.de.
„Den Alltag bewältigen“
Den Grund dafür sieht die Suchtberatungsstelle im sozialen Wandel der Gesellschaft und den oftmals zahlreichen Anforderungen – Job, Ehefrau, Mutter, Haushalt – denen Frauen gerecht werden müssen.
Vor dem Hintergrund habe der Alkoholkonsum bei Frauen oft funktionelle Ursachen. „Sie trinken häufiger, um Probleme zu vergessen, den Alltag zu bewältigen oder besser schlafen zu können“, erklärt die Expertin.
Noch mehr Risiko durch Corona
In der Corona-Krise können solche Situationen besonders gefährlich werden. Denn: „Zur Entstehung einer Abhängigkeit treten meist verschiedene problematische Konstellationen zu einem bestimmten Zeitpunkt auf.“
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Zu den alltäglichen Herausforderungen kommen gerade eine Vielzahl weitere Probleme hinzu: Existenzängste, Konflikte in der Partnerschaft, soziale Isolation und gesundheitliche Sorgen.
„Kommen in dieser Situation Substanzen ins Spiel, die mir scheinbar helfen, all das hinter mir zu lassen, besteht definitiv ein erhöhtes Risiko für einen Substanzmissbrauch oder eine Abhängigkeitsentwicklung“, warnt Christiane Lieb im Gespräch mit MOIN.de.
Bessere Bewältigungsstrategien
Statt die Sorgen mit Alkohol „runterzuspülen“ rät die Expertin, sich regelmäßig ganz bewusst ins Gedächtnis zu rufen, was man innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erreicht hat.
„Seien Sie stolz auf sich, wenn Sie ein Ziel erreicht haben“, sagt Christiane Lieb.
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Damit gewinne man auf lange Sicht mehr Selbstvertrauen und die Überzeugung, Hindernisse auch aus eigener Kraft meistern zu können.
Sich selbst belohnen
Auch nicht-alkoholische-Belohnungen sollten dabei nicht zu kurz kommen: „Tun Sie sich was Gutes, was Sie gerne machen und genießen Sie dies auch ganz bewusst“, rät die Expertin.