Im Sommer verschärfte sich die Krabben-Krise rund um die Nordsee immer mehr. Zum Teil mussten Käufer horrende Preise zahlen, um an ein paar Kilo Krabben zu kommen – Feinschmecker blechten für ein Krabbenbrötchen schnell mal 15 Euro.
In den sozialen Medien berichtet ein Fisch-Geschäft von einer zähen Ausbeute und äußert einige Vermutungen, wieso es an der Krabben-Front mau aussehen könnte. MOIN.DE sprach mit Experten des Thünen-Instituts für Seefischerei – sie liefern Antworten.
Nordsee: Nur ein überschaubarer Fang
Auf Facebook berichtet „Krabbenkutter Andrea“, dass sie mit einem „überschaubaren Fang im Büsumer Hafen“ ihre Krabben verkaufen würden. Große Krabben gäbe es, solange der Vorrat reicht. Einen Grund für den geringen Fang sieht „Krabbenkutter Andrea“ im Fressfeind der Krabben: der Wittling. Der soll schon das ganze Jahr vor der Küste in großen Mengen gefunden worden sein – und selbst kaum noch Fressfeinde haben.
Denn der Kabeljau (Fressfeind des Wittlings) würde seit Jahren weiter im Norden wandern – hier seien die Wassertemperaturen im Sommer mittlerweile viel zu hoch geworden. MOIN.DE sprach mit Experten des Thünen-Instituts für Seefischerei – sie erklären, was dran ist.
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Nordsee: Wittling-Bestand steigt
Dr. Alexander Kempf, Leiter Marine Lebende Ressourcen, bestätigt, dass der Wittlingbestand (Fressfeind Krabbe) in der Nordsee in den letzten Jahren stark angestiegen sei. Das liege daran, dass der Kabeljaubestand (Fressfreind Wittling) vor allem in südlichen Teilen der Nordsee zurückgegangen sei. „Der Kabeljaubestand ist über die letzten Jahrzehnte aufgrund einer Kombination aus Überfischung und steigenden Wassertemperaturen stark gesunken“, heißt es seitens Kempf. Aktuell sei hier nur noch ein kleiner Bestand übrig.
Außerdem würden Magenuntersuchungen am Thünen-Institut zeigen, dass die Nordseegarnele eine wichtige Beute für Wittling sei. Kempf sagt: „Auch wenn eine genaue Quantifizierung nur schwer möglich ist, so gibt es doch Indizien, dass der Wittlingsbestand zumindest teilweise Einfluss auf den Bestand der Nordseegarnele nimmt.“
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Dr. Kim Hünerlage, Expertin für Nordseegarnele am Thünen-Institut für Seefischerei, gibt einen Einblick über die höheren Wassertemperaturen. Diese hätten natürlich einen Einfluss auf das Ökosystem und ihre Bewohner. „Es sind nicht nur Räuber abgewandert, sondern auch weitere Räuber der Nordseegarnele hinzugekommen“, meint Hünerlage.
Quallen zählen beispielsweise als Räuber auf Larvalstadien. Hinzu komme, dass die wärmeren Wassertemperaturen einen direkten Einfluss auf die Ei- und Larvalentwicklung der Nordseegarnele habe. So komme es in wärmeren Wintern zu einer schnelleren Ei-Entwicklung und verfrühtem Schlupfzeitpunkt. Vergleicht man das mit einem kalten Winter, wird klar: Ein zumindest nicht unerheblicher Teil des Nachkommens habe mit dem warmen Winter einen schlechten Start.