Seit Jahrhunderten schlummert sie in der Nordsee – eine geheimnisumwobene Stadt, die professionelle Archäologen wie Amateur-Forscher in Atem hält. Nun machten Profis eine Entdeckung, die Geschichte schreibt.
Ein Traum ging nicht nur für Interessierte in Erfüllung, sondern erzählt eine Menge über das Leben an der Nordsee – vor langer Zeit…
Nordsee: Geheimnis gelüftet
Der sagenhafte untergegangene Handelsplatz Rungholt im nordfriesischen Wattenmeer beflügelt seit Jahrhunderten die Fantasie der Menschen. Forschende haben in einem Gemeinschaftsprojekt nun den Standort der Rungholter Kirche lokalisiert, wie das Archäologische Landesamt, das Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie sowie die Kieler und die Mainzer Universität am Dienstag berichteten. Damit ist nach Ansicht der Forschenden eine mehr als 100 Jahre alte Forschungsfrage geklärt.
Im Mai erfasste ein Team bei der Hallig Südfall durch geophysikalische Arbeiten eine bislang unbekannte, zwei Kilometer lange Kette mittelalterlicher Warften, also künstlicher Siedlungshügel. Eine dieser Warften zeige Strukturen, die zweifelsfrei als Fundamente einer Kirche von 40 mal 15 Meter Größe zu deuten seien, teilten die beteiligten Institutionen mit. Bohrungen und gezielte Ausgrabungen hätten erste Einblicke zum Aufbau und zu den Fundamenten des Sakralbaus ergeben.
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Besonderer Fund in der Nordsee
„Damit reiht sich der Fund in die großen Kirchen Nordfrieslands ein“, sagte der Archäologe Bente Sven Majchczack vom Exzellenzcluster „Roots“ an der Kieler Christian-Albrechts-Universität. Seine Kollegin Ruth Blankenfeldt vom Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie sagte, „die Besonderheit des Fundes liegt in der Bedeutung der Kirche als Mittelpunkt eines Siedlungsgefüges, das in seiner Größe als Kirchspiel mit übergeordneter Funktion interpretiert werden muss“.
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Großes Bauwerk in der Nordsee
Das Team fand den Angaben zufolge in einem mehr als zehn Quadratkilometer großen Gebiet bislang 54 Warften, systematische Entwässerungssysteme, einen Seedeich mit Sielhafen und neben der großen Hauptkirche auch zwei kleinere. „Um Hallig Südfall und in anderen Wattflächen sind die mittelalterlichen Siedlungsreste bereits stark erodiert und oft nur noch als Negativabdruck nachweisbar“, sagte Hanna Hadler von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Dies zeige sich auch deutlich im Umfeld der Kirchwarft.
Rungholt war im ausgehenden Mittelalter eine Siedlung im Wattenmeer nahe der Hallig Südfall. Der Handelsplatz fiel 1362 einer verheerenden Sturmflut zum Opfer, der „Groten Mandränke“. Sie gilt als Geburtsstunde Nordfrieslands in seiner heutigen Form. Sie trennte Halbinseln vom Festland und verpasste der damaligen Insel Strand einen Keil. (dpa)