Carsten Wagner ist Ranger im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft an der Ostsee und kennt die Situation in den hiesigen Schutzgebieten bestens. „Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung“, sagt er. In den vergangenen Jahren hat er eine beunruhigende Beobachtung gemacht.
Auf Mitarbeitende der Parks, die teils vergeblich versuchen, rücksichtslose Besucher in die Schranken zu weisen, reagieren die Menschen immer häufiger aggressiv. Durch die Zunahme des Ostsee-Tourimus verschärft sich die Situation besonders. Diese Entwicklung beschränke sich dennoch nicht nur auf die Schutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern.
Ostsee: Ranger organisieren Selbstverteidigungskurse
Carsten Wagner hat selbst bereits eine bedrohliche Situation erlebt, in der ihm sogar mit der Auslöschung seines Lebens gedroht wurde.
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Dennoch: „Es muss keiner unmittelbar Angst um Leib und Leben haben. Aber verbale und auch die ersten tätigen Angriffe hat es schon gegeben“, so Wagner, der gleichzeitig als Vorsitzender des Bundesverbandes Naturwacht aktiv ist.
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Das ist die Ostsee:
- auch Baltisches Meer genannt
- die Ostsee ist das größte Brackwassermeer der Erde
- die Fläche beträgt 412.500 Quadratkilometer
- sie ist bis zu 459 Meter tief
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Der Verband, dem viele Ranger angehören, hat deshalb eine Maßnahme organisiert. In Selbstverteiligungskursen können die Parkmitarbeitenden lernen, wie sie sich gegen renitente Besucher zur Wehr setzen. Dabei steht die Deeskalation im Vordergrund. Derzeit sind vier Kurse für ganz Deutschland geplant.
„Wir sehen es nicht als Angriffe auf den Naturschutz oder gegen unsere Person. Viele Menschen sind allerdings selbstbewusster geworden und wollen selbst entscheiden, was gut und richtig ist. Jeder, der anderer Meinung ist und die Spielregeln kontrolliert, ist da im Wege“, so Wagner im Gespräch mit MOIN.DE.
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Die Mehrzahl der Besucher vor Ort erhole sich allerdings in der Natur und halte sich an die Spielregeln. „Aber es gibt Anzeichen dafür, dass diejenigen, die sich nicht vernünftig draußen bewegen, aggressiver werden“, so der Ranger.
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10 Tipps für Urlaub an der Ostsee:
- Rügen
- Bornholm
- Usedom
- Hiddensee
- Fischland-Darß-Zingst
- Poel
- Heiligendamm
- Timmendorfer Strand
- Fehmarn
- Hohwachter Bucht
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Ostsee: Zahl der Ordnungswidrigkeiten gestiegen
In Mecklenburg-Vorpommern können die Mitarbeitenden der Nationalparks bei Verstößen gegen die Regeln Verwarngelder vor Ort verhängen. Bei möglichen Bußgeldverfahren dürfen sie zudem die Personalien aufnehmen.
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In dem nordöstlichen Bundesland arbeiten insgesamt 125 Ranger in den drei Nationalparks, den drei Biosphärenreservaten und den sieben Naturparks. Ihre Aufgaben umfassen ein weites Spektrum. Sie betreuen die Besucher bei Führungen, informieren über den Park und seine Natur, übernehmen wichtige Pflege- und Schutzarbeiten und betreiben wissenschaftliche Forschung.
Aktuell ist in den gut besuchten Parks jede Menge zu tun. „In Gebieten wie dem Jasmund hat es überdurchschnittlich viele Besucher und Besucherinnen gegeben und die Ordnungswidrigkeiten sind drastisch angestiegen“, erzählt Wagner.
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Das ist Rügen:
- Insel vor der Ostseeküste Vorpommerns
- Flächengrößte und bevölkerungsreichste Insel Deutschlands
- Etwa 77.000 Menschen leben hier
- Auf der Insel gibt es 100 Sonnenstunden pro Jahr mehr als in München
- Neben Stränden gibt es auf Rügen auch viele Naturschutzgebiete
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Hier sei die Zahl der Besucher von 1 Million in 2019 drastisch auf 1,5 Millionen im Jahr 2020 gestiegen. Insgesamt gab es dort im vergangenen Jahr 439 Verstöße, die mit einem Verwarn- oder Bußgeld geahndet werden mussten. Im Vergleich: 2019 waren es nur 190.
Ostsee: Alles für das perfekte Foto
Dort beobachtet Ingolf Stodian, Leiter des Nationalparks Jasmund auf Rügen, ähnliches: „Der Ton ist rauer als zu anderen Zeiten“. Tätliche Übergriffe auf Mitarbeitende habe zwar noch nicht gegeben, dennoch seien die Gäste aufgrund der hohen Auslastung der Insel gestresst.
Staus und überfüllte Restaurants täten ihr übriges. „Sie sind gereizter als die Jahre zuvor und reagieren auch manchmal, indem sie unsere Ranger anpöbeln oder im Ausnahmefall aggressiv werden“, so Stodian.
„Dann ziehen wir uns zurück. Wir schulen unsere Mitarbeiter im Umgang mit solchen Konfliktsituationen.“ Man setze auch dabei vor allem auf Deeskalation. Die Sicherheit der Ranger und der Besucher steht im Vordergrund.
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Deswegen ist es in Jasmund übrigens auch verboten, sich abseits der Wege aufzuhalten. „Dass die Besucher die Wege verlassen, ist gefährlich – gerade Richtung Küste. Dadurch dass es so viele sind, ist es schwierig durchzusetzen, dass sie auf den Wegen bleiben“.
Die Besucher missachten immer wieder die Regeln, trampeln neue Pfade in die Natur und riskieren für das perfekte Foto an der Abbruchkante der Kreidefelsen ihr eigenes Leben. Mehr dazu kannst du >>> hier nachlesen.