Sprit, Strom und Gas – in sämtlichen Bereichen explodieren mittlerweile die Preise. Besonders beim Anblick von Lebensmitteln, die vor Monaten zum Teil noch deutlich günstiger waren als jetzt, schmerzt es vielen. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergab sogar, dass 18 Prozent der Befragten den Konsum von Nahrungsmitteln, Getränken, Tabakwaren und Ähnlichem „bedeutend“ zurückfahren wollen. Erschreckend, wenn man bedenkt, wie wichtig die tägliche Nahrung für uns Menschen ist. In Hamburg bekommt eine wichtige Institution, die Hamburger Tafel, den Druck der steigenden Preise jetzt ebenfalls zu spüren.
Sie fahren am Limit – und das nicht erst seit dem Krieg. Wie die Lage in Hamburg zurzeit ist, erzählt Julia Bauer, Vorstand der Hamburger Tafel, im Gespräch mit MOIN.DE.
Hamburg: Tafel schon vor dem Krieg überlastet
Die gespendeten Lebensmittel liefert die Hamburger Tafel zurzeit an 31 große Ausgabestellen und 70 soziale Einrichtungen wie Jugendzentren oder Obdachlosen-Unterkünfte. Die Einrichtungen verarbeiten die Lebensmittel weiter, während sich an den Ausgabestellen die bedürftigen Hamburger für Nahrungsmittel anstellen.
Schon vor dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine war die Lage schwierig. Durch den Krieg wurden dann viele Spenden direkt nach Polen oder in die Ukraine gebracht, wo sie gebraucht wurden. Haltbare Lebensmittel wurden wiederum vergleichsweise mehr gehamstert.
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Bei den steigenden Preisen kann man sich denken, dass die Situation auch bei der Tafel nicht besser wird. „Das mit den Lebensmittelspenden hat sich wieder ein bisschen normalisiert“, erklärt Julia Bauer, Vorstand der Hamburger Tafel.
Es gibt allerdings einen Haken: „Wir sind zwar wieder auf dem Niveau, auf dem wir vorher ungefähr waren mit den Lebensmittelspenden“, sagt Julia Bauer, „wir haben aber wahnsinnig viel mehr Zulauf an Gästen.“
Maximum bei der Tafel in Hamburg
Es kommen jede Woche mehr Bedürftige hinzu. „Das Traurige ist, wir können eigentlich gar keine mehr aufnehmen“, so Bauer. Es sei an allen Komponenten eng. Selbst wenn mehr Lkw mit Essen kämen, wären nicht genügend Ehrenamtliche da, um das zu stemmen.
„Die bestehenden Ausgabestellen nehmen schon kaum noch jemanden auf, weil die auch schon auf ihrem Maximum laufen. Schon seit Längerem.“ Nicht nur der Aufwand sei hier hoch, mittlerweile steige auch zwischenmenschlich der Druck, denn es sei immer mehr seelischer Beistand nötig.
Was macht die Hamburger Tafel?
- Die Hamburger Tafel versorgt bedürftige Menschen mit gespendeten Lebensmitteln
- Es arbeiten rund rund 120 Mitarbeiter*innen bei der Hamburger Tafel – die meisten sind Ehrenamtliche
- Sie übernehmen den administrativen und logistischen Ablauf: Lebensmittelspenden werden gesammelt, gelagert und an soziale Einrichtungen verteilt
- Jeder gilt hier als bedürftig, der wenig bis gar kein Geld übrig hat um etwas außerhalb seiner Ausgaben zu unternehmen (Miete, Strom, Heizung, Lebensmittel)
- Obdachlose, Hartz IV-Empfänger, Empfänger der Grundsicherung oder Rentner, deren Satz nicht höher als Hartz IV ist, zählen dazu
- Für das Angebot der Tafel ist ein Nachweis bei der jeweiligen Ausgabestelle nötig
„Viele Menschen sind voller Angst. Es geht für einige um ihre Existenz“, so Bauer. Es herrsche viel Hilflosigkeit bei den Menschen. Die Zielgruppe der Ehrenamtlichen, die diese Menschen unterstützen, wird wiederum schmaler. Es ist nicht wenig Aufwand und oft wird unter der Woche ein ganzer Tag fällig. Vor allem Rentner, Frührentner und Studenten seien hier am Werk.
Nicht nur Personal in Hamburg ist knapp
Angenommen, es gäbe mehr Personal, würde die Verteilung dann wiederum an Flächen scheitern. Julia Bauer betont, dass vor Ort bei den Ausgabestellen Räumlichkeiten und Lagerflächen ebenfalls kaum mehr möglich machen würden.
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Und weitere Flächen im Hamburger Stadtgebiet zu finden, ist gar nicht so leicht. Sie müssten im Erdgeschoss liegen und einigermaßen gut erreichbar sein – einmal wöchentlich wäre ein ganzer Tag nötig. Und das ohne Kosten. „Wir sind dankbar, wenn sich Angebote ergeben.“
Lebensmittel in Hamburg werden zunehmend knapper
Noch sei die Lage auf einem guten Niveau. Vor allem das mittlerweile bestehende Netzwerk zur Industrie sorgt für viele Spenden – Supermärke geben hingegen weniger. Sie achten mehr darauf, keine Lebensmittel zu verschwenden und kalkulieren besser.
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Digitalisierung ermöglicht ebenfalls immer mehr Möglichkeiten für den Einzelhandel, besser Lebensmittel zu kalkulieren. Frische Ware ist es, die an dieser Stelle knapper werden würde, wenn das Ganze weiter voranschreitet.
Falls privat überschüssige Lebensmittel aufgrund von Krankheit, Urlaub oder Sonstigem übrig bleiben, können diese theoretisch gespendet werden, sofern sie verschlossen sind. Die fünfzehn Fahrzeuge der Tafel fahren täglich durch die Stadt, könnten bei einem entsprechenden Anruf auch zu einer Abholung an einem Supermarkt in der Nähe koordiniert werden.
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Trotzdem, so betont auch Bauer noch mal, gebe es auch im eigenen Umfeld immer Menschen, die übriggeblieben Lebensmittel gut gebrauchen könnten. Zum Beispiel Menschen ohne Dach im eigenen Viertel oder die direkte Nachbarschaft. „Armut steht immer mehr Menschen bevor“ – und manchmal merke man den Menschen nicht an, wie groß ihre Not wirklich ist.
Wer der Hamburger Tafel direkt helfen möchte, kann sich finanziell mit einer Fördermitgliedschaft beteiligen. Das sind planbare finanzielle Einnahmen für die Tafel, mit denen sie unter anderem ihre Ausgabestellen mit Möbeln und Kühlzellen versorgen können.