Veröffentlicht inHamburg

Hamburg: Angehörige nach Mordfall verzweifelt – „Niemand kümmert sich“

Hamburg: Angehörige nach Mordfall verzweifelt – „Niemand kümmert sich“

Hamburg Boxer.jpg
Die schreckliche Tat bei Hamburg jährt sich nunmehr zum vierten Mal. Foto: picture alliance / dpa | Christian Charisius & picture alliance/dpa | Bodo Marks

Mord verjährt bekanntlich nicht. Dieser besondere, ungeklärte Fall bei Hamburg wirft viele Fragen auf und macht betroffen.

Denn die Hinterbliebenen eines Mordopfers haben scheinbar den Glauben an die Justiz verloren. Es geht um den Tod des Boxers Tunahan Keser (22 †) aus Hamburg.

Hamburg: Angehörige nach Mordfall verzweifelt

Rückblick: Am 23. Juni 2017 war das hoffnungsvolle Nachwuchstalent plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Keser war zuletzt mit seinem Maserati unterwegs, den er sich wenige Monate vor seinem Tod gebraucht gekauft hatte. Eigentlich hatte sich das Superleichtgewicht (1,68 Meter groß, 65 Kilo) für abends mit seiner Freundin verabredet, kam aber nicht.

+++ Kaufland in Hamburg: Was auf diesem Zettel steht, verärgert die Kunden – Unternehmen reagiert sofort +++

Am selben Tag wurde auf seinen Trainer Khoren G. ein Anschlag verübt. Unbekannte schossen ihm aus einem Hinterhalt in der Nähe seiner Pinneberger Wohnung ins Knie.

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Erst viel später stellten die Ermittler einen Zusammenhang zwischen den beiden Taten her. Zuerst glaubten sie noch, der Boxer hätte seinen Trainer angeschossen und sich dann ins Ausland abgesetzt. Eine fatale Fehlannahme, wie sich später herausstellte, bei der kostbare Zeit verloren ging.

Hamburg: Vom Boxer fehlte einen Monat lang jede Spur

Von Tunahan Keser fehlte indes fast einen Monat lang jede Spur. Erst am 21. Juli entdeckte ein Lkw-Fahrer seine Leiche in einem Gebüsch nahe des Rastplatzes Holmmoor an der Autobahn 7. Wegen des Auffindeortes ist nicht Hamburg, sondern die Mordkommission in Itzehoe zuständig, die sofort eine Soko gründete.

Über Umwege gerät der polizeibekannte Kriminelle Frank Lindner (58 †) ins Visier der Ermittler. Weil sie bei einer Hausdurchsuchung bei ihm Schusswaffen und Munition mit dem gleichen Kaliber fanden, mit dem auch Keser getötet wurde, kommt er in Haft.

Dort gesteht Lindner, mit dem Mord etwas zu tun zu haben. Es soll sich um einen Auftragsmord gehandelt haben. Sein Lohn dafür: ein Kilo Koks. Noch bevor die Ermittler mehr aus ihm herausquetschen können, begeht er im Gefängnis Selbstmord.

—————

Daten und Fakten über Hamburg:

  • Hamburg ist als Stadtstaat ein Land der Bundesrepublik Deutschland.
  • Hamburg ist mit rund 1,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Deutschlands und die drittgrößte im deutschen Sprachraum.
  • Das Stadtgebiet ist in sieben Bezirke und 104 Stadtteile gegliedert, darunter mit dem Stadtteil Neuwerk eine in der Nordsee gelegene Inselgruppe.
  • Der Hamburger Hafen zählt zu den größten Umschlaghäfen weltweit.
  • Die Speicherstadt und das benachbarte Kontorhausviertel sind seit 2015 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes
  • International bekannt sind auch das Vergnügungsviertel St. Pauli mit der Reeperbahn sowie das 2017 eröffnete Konzerthaus Elbphilharmonie.

—————

Hamburg: „Daran zerbrochen“

Für die Familie des Nachwuchstalents und seinen Trainer, dessen Anschlag ebenfalls bis heute nicht aufgeklärt ist, eine weitere Katastrophe. Deren Auswirkung hält bis heute an.

Beim MOIN.DE-Gespräch mit einem Vertrauten der Familie, der nicht genannt werden möchte, wird schnell die Verzweiflung über die anhaltende Trauer und die Ungewissheit klar.

————

Mehr News aus Hamburg und dem Norden:

————-

„Tunahans Vater ist daran zerbrochen“, sagt der Vertraute. „Er hält sich inzwischen viel öfter in seiner Heimat der Türkei auf als in Hamburg, weil ihn hier alles an seinen geliebten Sohn erinnert. Wir alle wollen endlich den wahren Täter hinter Gittern sehen.“ Der Vater war es auch, der Tunahan als Fünfzehnjährigen ans Boxen herangeführt hatte und sich liebevoll um ihn kümmerte. Denn er wollte ihn von der Straße wegbekommen, weil er als Jugendlicher aggressiv auffiel. Mit Erfolg.

Hamburg: „Die Polizei weiß das auch“

Der junge Boxer bekam sein Leben in den Griff und trainierte mit großer Disziplin. „Aus ihm hätte ein erfolgreicher Box-Champ werden können“, erzählt der Vertraute, der andeutet, dass die Familie wisse, wo der Täter zu finden sei – nämlich in der Box-Szene.

„Die Polizei weiß das auch“, sagt der Vertraute weiter. „Aber sie verhaftet niemanden. Den Glauben an die Gerechtigkeit und an die Justiz haben wir längst verloren. Wir hören auch nichts mehr von der Polizei. Niemand ruft uns an oder kümmert sich um uns. Wer weiß, ob die überhaupt noch ermittelt.“

„Die Ermittlungen wegen einer möglichen Mittäterschaft oder Auftraggeberschaft werden fortgeführt“, sagte Peter Müller-Rakow, Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe, auf Anfrage. „Es gibt neue Ermittlungsansätze, die zur Zeit verfolgt werden. Auf Details kann ich nicht eingehen, weil das die weiteren Ermittlungen gefährden würde. Es handelt sich hier um ein besonderes Verfahren. Vielleicht kann ich bald mehr dazu sagen.“