Lange Hälse, lange Beine, große Augen und ein prächtiges Federkleid: Was hier in Teilen von Mecklenburg-Vorpommern nahe Schwerin und im südlichen Schleswig-Holstein seit ein paar Jahren durch Wald und Wiesen streift, ruft regelmäßig Vogelfreunde und Naturliebhaber aus dem ganzen Land auf die Pirsch.
Denn in den Landkreisen Herzogtum Lauenburg und Nordwestmecklenburg in der Nähe von Schwerin lebt ein ganz besonderes Tier, das hier eigentlich überhaupt nicht heimisch ist. Nach dem Ausbruch aus einem Gehege, haben sich rund um den Schaalsee wildlebende Nandus ausgebreitet. Die Laufvögel stammen aus Südamerika, fühlen sich mittlerweile aber auch in Norddeutschland pudelwohl.
Schwerin: Nandu-Population rund um den Schaalsee
Seit mehr als 20 Jahren leben die Nandus bereits als Neopopulation in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Eigentlich wurden sie ursprünglich in einem privaten Gehege gehalten. Doch durch mangelde Einzäunung konnten immer wieder Exemplare entkommen und bahnten sich ihren eigenen Weg durch die norddeutsche Vegetation.
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Zweimal jährlich werden die Tiere im Rahmen einer sogenannten Synchronzählung durch das Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe gezählt. Zuletzt wurden hier im März nur noch 157 Nandus registiert. Im Herbst vergangenen Jahres waren es noch 291 Tiere.
Dies sei laut Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern zum einen auf die Witterungsverhältnisse im Frühjahr zurückzuführen. Lange Frostperioden und hohe Schneelagen haben demnach insbesondere bei Jungtieren zu hohen Verlusten geführt.
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Daten und Fakten zu Mecklenburg-Vorpommern:
- Mecklenburg-Vorpommern ist das am dünnsten besiedelte deutsche Bundesland
- 1,6 Millionen Menschen leben in Mecklenburg-Vorpommern
- Mecklenburg-Vorpommern zählt insgesamt 337 Kilometer Außenküste
- In Schwerin, der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, leben 96.000 Menschen
- Rostock ist mit über 208.000 Einwohnern die größte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern
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Nandus in Mecklenburg-Vorpommern: Die Jagd ist eröffnet
Doch die sinkende Zahl hat auch einen anderen Hintergrund: Denn seit dem vergangenen Jahr sind die Nandus in Mecklenburg-Vorpommern zum Abschuss freigegeben. „Es ist davon auszugehen, dass der Rückgang bei der diesjährigen Frühjahrszählung auch auf die nun zulässige Bejagung des Nandus zurückzuführen ist“, heißt es seitens des Ministeriums.
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In Schleswig-Holstein sieht es anders aus. Hier sieht das zuständige Ministerium keinen Grund für eine dauerhafte Jagderlaubnis auf die Tiere. Lediglich der vereinzelte Abschuss bei großen wirtschaftlichen Schäden etwa für die Landwirtschaft sei möglich, so die Umwelt-Staatssekretärin Dorit Kuhnt.
Tatsächlich beklagen Landwirte im Norden vermehrt Schäden durch die schweren Tiere, die mit Vorliebe Raps fressen und dabei die Pflanzen niedertreten. Auch am Weizen bedienen sich die Vögel gern und reduzieren damit die Erträge.
Im November 2018 wurde in MV ein neuer Nandu-Rekord gebrochen. Insgesamt 566 Vögel wurden damals gezählt. Die betroffenen Bauern versuchten zunächst, ihre Felder durch Elektrozäune zu schützen oder die Nandus anderweitig zu verscheuchen. Doch dies schlug fehl.
Schließlich erhielten die Landwirte eine offizielle Erlaubnis und dürfen seither den Bestand der Tiere durch Manipulation der Gelege verringern. Dabei werden etwa Eier gebohrt oder mit Paraffin überzogen. Eine Ausbrütung ist dann nicht mehr möglich.
Schwerin: Jagdtourismus auf den Nandu
In den Jahren 2019 und 2020 durften die betroffenen Landwirte insgesamt 30 Nandus erlegen, um wirtschaftliche Schäden abzuwenden. Im April 2020 wurden die Tiere dann offiziell ins Jagdrecht des Landes aufgenommen. Nandu-Küken und einjährige Tiere dürfen das ganze Jahr über geschossen werden. Ältere Hähne und Hennen vom 1. November bis zum 31. März.
Einen großen Nachteil bringt die Abschusserlaubnis mit sich: Den Jagdtourismus. Aus ganz Deutschland kamen in der vergangenen Zeit Jäger, um eines der majestätischen Tiere zu erlegen. Mit ihren Trophäen posierten sie später im Internet. Rund 70 Tiere wurden seit der Erlaubnis bereits erlegt.
Durch die Bejagung sind die Tiere zudem scheuer geworden. „Das ist etwas, das unsere Kollegen beobachtet haben“, sagt Ute Müller vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe. „Die Tiere sind ansonsten sehr gut im Winter zu sehen, wenn die Felder nicht bewachen sind und brach liegen. Aktuell steht der Raps so hoch, dass es schwierig ist, einen Nandu zu entdecken. Die verstecken sich sehr gut.“
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Der Nandu besitzt einen weltweiten Schutzstatus. In Deutschland gilt der bis zu 1,70 Meter große und bis zu 25 Kilo schwere Vogel sogar als „besonders geschützte Art“. Spezielle Schutzmaßnahmen für die Nandus gibt es trotzdem nicht. „Es zeigt sich, dass die Nandu-Population in den vergangenen Jahren sehr stabil und mit einem nicht unerheblichen Zuwachs auf die guten Lebensbedingungen reagiert hat“, erklärt das Umweltministerium.
Eine Ausrottung der Population sei nicht Ziel der Bejagung. „Sinn und Zweck der Bejagung ist die Vermeidung und Verhinderung von landwirtschaftlichen Schäden sowie die Eingrenzung der räumlichen und zahlenmäßigen Verbreitung des Nandus.“ Sollte das Monitoring zeigen, dass der Bestand unter eine kritische Zahl sinkt, so könne die Jagdbehörde die Jagdzeiten gegebenenfalls einschränken oder aufheben.