Hamburg.
Die Waidmannstraße gehört sicher nicht zu den prominentesten Straßen in Hamburg. Ganz unbekannt ist sie aber auch nicht. Tausende Autos rauschen über die Kieler Straße in Eimsbüttel täglich an ihr vorbei. Wer von dort in die Waidmannstraße abbiegt, fährt teilweise über buckeliges Kopfsteinpflaster und vorbei an einem Möbelhaus, einer ThyssenKrupp-Fabrik und zugewachsenen Fuß- und Radwegen hoch zum schmuddeligen S-Bahnhof Diebsteich.
Das alles hat durchaus seinen Charme. Auch wegen der vielen Bäume an der Straße. Das Areal um die Waidmannstraße ist ein buntes Viertel, viele Menschen mit Migrationshintergrund leben hier. Es ist geprägt von Backsteinhäusern, Fitnessstudios, einem riesigen Gelände der Deutschen Post, der Metro und mehreren Fußballplätzen inklusive kleinem Stadion. Wer einen genaueren Blick auf das Areal wirft, der sieht auch typische Neubauten, die so an vielen anderen Orten in Hamburg entstehen.
Hamburg: Radikale Veränderung
In den kommenden Jahren wird sich der Stadtteil hier an dieser gutgelegenen Stelle zwischen Altona/Bahrenfeld und Eimsbüttel radikal verändern. Der abgerockte Kopfsteinpflaster-Industriecharme an der Waidmannstraße ist dann Geschichte, und das bis dato eher ruhige Viertel wird nicht mehr wiederzuerkennen sein.
Die Stadt hat mittlerweile den Rahmenplan für das Quartier veröffentlicht. Der sieht vor, dass hier unter anderem ein zentraler Park entsteht, dazu eine Musikhalle und ein Regionalligastadion für 5.000 Zuschauer. Das ganze Quartier steht vor einem riesigen Umbruch. Der natürlich auch seine Kritiker hat.
Hamburg: Bis 2040 wird entwickelt
„Der Rahmenplan wurde unter Beteiligung der Öffentlichkeit, von Eigentümern, Sportvereinen und weiteren Betroffenen in einem zweijährigen intensiven Planungsprozess erarbeitet“, heißt es von der Stadt.
„Hier an der Stelle, an der Altona und Eimsbüttel aufeinandertreffen, soll in den kommenden Jahrzehnten ein besonderer Ort wachsen, in dem das industriell Geprägte und eher Kantige dieses Stadtteils erhalten bleibt und zugleich Neues entstehen kann“, sagt Wohnsenatorin Dorothee Stapelfeldt.
Die schrittweise Entwicklung soll bis 2040 „kleinteilig gemischte Strukturen schaffen, Wohnen erhalten, ansprechende Freiflächen auch für Freizeitsportler und Möglichkeiten für kulturelle Angebote neu herausbilden.“
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Hamburg: Altes Stadion wird abgerissen
Läuft alles so, wie die Stadt sich das vorstellt, muss man sich an der Waidmannstraße von den drei jetzigen Fußballplätzen und dem kleinen Stadion von Union 03 verabschieden, in dem eine Zeit lang auch die zweite Mannschaft des FC St. Pauli spielte.
Die Spielfelder sollen neu angeordnet werden, dafür entstehe laut Stadt Platz für einen Park (unten schwarz):
Hamburg: Konzerthalle statt Fabrik
Ein Stück weiter am Ende der Waidmannstraße direkt am Bahnhof Diebsteich verlässt ThyssenKrupp das Gebiet.
Dadurch wird ein großes Areal frei, was in der Straße die wohl bedeutendste Änderung ermöglicht: Eine Musikhalle für bis zu 5.000 Besucher und ein Regionalligastadion für Altona 93. Der Verein wird die Adolf-Jäger-Kampfbahn verlassen und auf dem alten Stadiongelände in Ottensen entstehen Wohnungen.
Das neue Stadion an der Waidmannstraße soll bis 2026 mit Gebäudezeilen für Indoor-Sport umbaut werden und eine Quartiersgarage bekommen.
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Hamburg: Perfekte Lage
Die Musikhalle und Altonas Spielstätte befinden sich damit in bester Lage. Denn direkt gegenüber liegt der S-Bahnhof Diebsteich. Mit seinem grauen Beton, dem schmuddeligen Gewässer drumherum und den düsteren Tunneln unterhalb der Gleise ist der aktuell alles andere als ein Wohlfühlort.
Aber auch hier soll sich etwas tun: Mit neuen Bahnsteigen und Hochhäusern wird der Diebsteich zum Fernbahnhof ausgebaut. Die Regional- und Fernzüge halten dann nicht mehr am Kopfbahnhof in Altona, der ebenfalls für den Wohnungsbau abgerissen werden soll.
Die derzeit noch etwas verträumte Kurve an der Waidmannstraße vor der ThyssenKrupp-Einfahrt wäre damit eines Tages plötzlich ein zentraler Ort mit Fernbahnhof, Musikhalle und Fußballstadion. Lebhafter geht es wohl kaum.
Hamburg: Pläne für Paketpost-Gebäude
Für das Paketpost-Gebäude, das ebenfalls in unmittelbarer Nähe liegt, hat die Stadt einen großen Haufen an Ideen:
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„Hier können zum Beispiel eine bunte Mischung aus neuen Spielorten für Theater und Probebühnen, Filmproduktion, Flächen für die Kreativwirtschaft, einem Hotel, Handwerkerhof, Markthalle sowie experimentellen Wohnformen entstehen.“
Hamburg: Kritik an den Plänen
Klar, dass es bei solchen umfangreichen Plänen in einer solchen Lage auch Kritik gibt.
Der Streit um den Fernbahnhof Diebsteich schwelt schon lange. Viele Altonaer würden „ihren“ Kopfbahnhof, der so etwas wie das Herz des Stadtteils ist, gerne behalten. Im Gegensatz zum Diebsteich gibt es dort in unmittelbarer Nähe einen Busbahnhof und viel Einzelhandel. Mit Ikea musste das Gebiet schon mal eine tiefgreifende Veränderung durchmachen.
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Derzeit gibt es für den Diebsteich einen Baustopp und Ärger wegen der Autoreisezug-Anlage. Bürgerinitiativen kritisieren, der neue Bahnhof könne das neue Verkehrsaufkommen nicht verkraften.
Hamburg: Initiative hat ganz andere Vorstellungen
Die Initiativen „Diebsteich23″ und „Prellbock-Altona“ kritisieren zudem das neue Quartier an der Waidmannstraße: „Die Stadt hat die Einwohner in vorbereitenden Untersuchungen für die städtebauliche Entwicklung am Diebsteich miteinbezogen und gleichzeitig das Kunststück fertiggebracht, nicht einen der Bürger- und Anwohnervorschläge in ihre Planung aufzunehmen“, heißt es von Prellbock.
Außerdem wird kritisiert, dass die Musikhalle von Steuergeldern und nicht einem Privatinvestor errichtet werden soll und befürchtet, dass Bäume am Bahnhof und der Waidmannstraße gefällt werden, weil diese zu eng ist für die Diebsteich-Zufahrt. Auch stört man sich an der Gentrifizierung durch die Hochhausbauten.
Stattdessen fordert Prellbock etwas anderes: „Am Diebsteich wird bezahlbarer Wohn- und Gewerberaum benötigt, sowie eine moderne zukunftsfähige S-Bahn-Station, die die geplante Verbesserung des S-Bahnangebotes im Hamburger Westen – S3, S3-Expresslinie, S21, S4 West und S32 nach Osdorf sowie eine S-Bahn über die Güterumgehungsbahn – aufnehmen kann.“
Was es mit der Güterumgehungsbahn auf sich hat und wie sie den Hamburger Nahverkehr verbessern könnte, kannst du >>> hier nachlesen.