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Hamburg: Mann fährt nach St. Petersburg und wird vom Krieg überrascht – dann geht er in den gefährlichen Widerstand

Hamburg: Mann fährt nach St. Petersburg und wird vom Krieg überrascht – dann geht er in den gefährlichen Widerstand

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In Hamburg wird immer mehr für den Frieden demonstriert. Foto: IMAGO/teamwork

Am Abend des 23. Februar macht sich Alexander Mirimov auf den Weg nach St. Petersburg in Russland. Er stammt von dort, doch seit 27 Jahren lebt er in Hamburg. Seine Frau und ihre drei gemeinsamen Kinder sind für eine Kur in den Schwarzwald gefahren.

In St. Petersburg will er seine Eltern besuchen und sich um seinen kranken Vater kümmern. Dass schon am nächsten Morgen alles anders sein würde, damit hätten er, seine Eltern, seine Freunde in Russland und in Hamburg nicht gerechnet.

Hamburg: Vom Elternbesuch zum Widerstand

„Keiner von uns hat damit gerechnet“, erzählt der Russe gegenüber MOIN.DE. Was seit diesem Tag passiere, habe er sich selbst in seinen schlimmsten Träumen nicht vorstellen können. Plötzlich ist alles anders – von einem Tag auf den anderen – doch vielen Menschen in Russland fehle das Verständnis für die Katastrophe und den Krieg, sagt Mirimov.

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Ukraine und Russland im Vergleich:

  • Die Ukraine hat rund 41,8 Millionen Einwohner und eine Fläche von 576.800 Quadratkilometern (jeweils abzüglich der von Russland annektierten Krim)
  • Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 155 Milliarden US-Dollar lag die Ukraine im Jahr 2020 auf Platz 58 der Welt
  • Die Russische Föderation hat eine Bevölkerungszahl von rund 146,8 Millionen sowie eine Fläche von 17.102.344 Quadratkilometern (jeweils mit der annektierten Krim)
  • Das Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2019 bei 1.702 Milliarden US-Dollar und damit auf dem weltweit elften Platz

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Nun sei es sogar verboten, das Wort „Krieg“ überhaupt in den Mund zu nehmen. Die russischen Medien sprechen von einer „speziellen Militäroperation“. Wer etwas anderes behaupte, würde wegen Hochverrats für 15 Jahre ins Gefängnis gehen.

Doch Mirimov und seine Freunde haben die Propaganda schon lange durchschaut. Sie informieren sich über unabhängige Medien im Ausland oder auf Telegram. Gemeinsam mit anderen mutigen Russinnen und Russen zögerte er nicht lange und ging in St. Petersburg auf die Straße.

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Hamburg: Eine Gefährlich Gratwanderung

„Die Polizei geht hart gegen die Demonstranten vor“, berichtet Mirimov von seinen Beobachtungen während der Demo. „Man kann für 15 Tage in den Knast gehen, aber man muss einen Polizisten nur an der falschen Stelle berühren und es werden stattdessen zwei Jahre daraus“, erzählt er aufgebracht. Es sei eine gefährliche Gratwanderung.

Die hohen Strafen sollen der Abschreckung dienen, doch laut Mirimov seien es vor allem junge Menschen und Studenten, die sich davon nicht einschüchtern ließen.

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Der Menschenmasse gegenüber läge die Polizei auf der Lauer: „Die maskierten Schränke mit Helmen und Knüppeln, stehen und tun nichts und plötzlich rennen sie los, schnappen sich zu fünft eine Person aus der Menge und zerren sie mit Gewalt ins Auto.“

Angeblich solle es für diese Menschen Prozesse geben, auch freiwillige Anwälte stünden manchmal zur Verfügung, doch ob sie fair verliefen, könne Mirimov nicht sagen.

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Um der Polizei zu umgehen, hätten sie sich in einer Telegram-Gruppe organisiert. „Im Minutentakt wurde die Route im Chat geändert und die Polizei hatte keine Zeit, sich richtig zu formieren.“ Dennoch sei es sehr gefährlich gewesen und Menschen seien vor seinen Augen verhaftet worden.

In Hamburg will er weiter für den Frieden demonstrieren

Eigentlich sei er nach St. Petersburg gekommen, um seine Eltern zu besuchen, doch nun herrscht Krieg und er ist ein Teil des Widerstands. Jederzeit würde er wieder auf die Straße gehen und für die Werte Kämpfen, die ihm wichtig seien – für den Frieden, die Gerechtigkeit und die Wahrheit.

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Bald müsse er jedoch zurück nach Hamburg. Wie er dort hinkomme, wisse er noch nicht so genau. Die Flüge wurden eingestellt, deshalb plane er mit dem Bus bis nach Finnland zu fahren, um von Helsinki zurück nach Deutschland zu fliegen. Von Hamburg aus will er weiter für die Freiheit in seinem Land und dem Frieden in der Ukraine kämpfen.